02.09.2021: MdB Tabea Rößner besuchte Ökoschreinerei in Budenheim

Die Öko-Schreinerei Vlatten & Ludwig, die ursprünglich in Mombach beheimatet war, ist seit Januar 2020 in der Budenheimer Parkallee zu finden. Die langjährige GRÜNE Bundestagsabgeordnete und Spitzenkandidatin für Rheinland-Pfalz, Tabea Rößner nahm sich mitten in der heißen Wahlkampfphase für den seit langem vereinbarten Besuch gut anderthalb Stunden Zeit. 

Die Namensgeber Ralf Vlatten und Jörg Ludwig sind zwei von drei Meistern, die zusammen mit aktuell 2 Auszubildenden zumeist private Aufträge ausführen. Innenausbau, Fußböden, Schlafzimmer, Raumteiler oder Küchen auf Maß (u.a.) werden hier nach Kundenwunsch gefertigt.

Tabea Rößner und einige Interessierte wurden von den Inhabern durch den Betrieb geführt, und der Fertigungsprozess vom Rohholz bis zur z.B. zur geölten Tischplatte erläutert. In den Aufenthaltsräumen gleich ein erstes Novum, man teilt sich diesen Raum, der eher an eine moderne Wohnküche erinnert, mit den anderen gewerblichen Mietern im Haus, betreibt sozusagen „Roomsharing“, was nicht nur Kostenvorteile mit sich bringt.  

Alle Bearbeitungsmaschinen, an denen Späne oder Schleifstaub anfällt, sind an eine zentrale Absauganlage angeschlossen. Anstatt jedoch den anfallenden Abfall in Säcken zu entsorgen, werden daraus vollautomatisch recht große Pellets gepresst, die wiederum als Heizmaterial Verwendung finden.

Trotz der modernen Maschinen ist der Anteil an Handarbeit hoch. Was macht nun eine Ökoschreinerei aus? "Wir lackieren nicht, wir ölen oder wachsen die Oberflächen der Hölzer," ist die erste Antwort von Jörg Ludwig. Verwendet wird zumeist Vollholz, Leimholz, Schichtplatten, gelegentlich auch Altholz, das in Designerkreisen sehr attraktiv aber auch schwer zu beschaffen ist, weil sich bisher nur wenige Lieferanten damit befassen. Auch sogenanntes Borkenkäfer-Schadholz, dass mittlerweile aufgrund seiner Struktur zum Designelement wird, findet im Innenausbau Verwendung.

Die aktuellen Materialpreise, die nicht selten mehr als 3-fach über "Normal" liegen, machen das Handwerken nicht gerade einfach, so Ralf Vlatten im Interview. Kostete eine banale Dachlatte früher vielleicht 40 Cent, zahlt man heute schon mal 3-4 Euro pro Stück. Wohl dem, der ein gut gefülltes Lager hat. Die hohen Preise habe mehrere Ursachen. Zum einen die lange Pandemiezeit, in der, Schätzungen zur Folge rd. 25% aller Haushalte irgendwas an Haus und Hof gebaut oder renoviert haben, was die Nachfrage sprunghaft ansteigen ließ. Weltweit sind die Lager aufgrund unterbrochener Lieferketten leer, selbst Schadholz, dass zuvor massenhaft in den Wäldern auf Abnehmer wartete, hat mittlerweile seinen Markt in Übersee und Fernost gefunden. Arbeitete man „vor Corona“ sozusagen „Just-In-Time“, d.h. Material war kurzfristig zu stabilen Konditionen abrufbar, verzichtete man auf teure Materiallager, die Platz brauchen und vor allem Kapital binden. So wurden jüngst die Einkaufspreise für Ständermaterial, welches beim Trockenbau verwendet wird, um 25% erhöht, bei Lieferzeiten bis zu 4 Monaten. Aktuell legen sich nicht zuletzt deshalb die Betriebe wieder Materiallager an, was die Verfügbarkeit auf dem Markt weiter verknappt, erst recht, wenn man sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben hat. Ein Teufelskreis.

Vlatten & Ludwig verarbeiten in aller Regel FSC-zertifizierte Hölzer, wobei der Nachweis über die Aussagekraft der Zertifikate selbst für Fachleute schwierig ist. Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel", so Ralf Vlatten. Wie auch in anderen Handwerksbranchen fehlt der Nachwuchs, der zudem nicht immer das nötige Durchhaltevermögen mitbringt, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Diejenigen jedoch, die durchhalten, habe Freude an ihrem Beruf und sehen wirtschaftlich einer sicheren Zukunft entgegen. Das Handwerk hat nicht nur sprichwörtlich "goldenen Boden".

Nach der Führung tauschten sich die Beteiligten noch in entspannter Runde aus, bevor Tabea Rößner zum nächsten Termin aufbrechen musste.